2 Reproduktionsmedizinern aus NRW wurde im Umgang mit einer samenspende ihre Gut- und vor allem Leichtgläubigkeit zu ihrer Patientin, die sich ein weiteres Kind wünschte, jedoch in prekären Paarverhältnissen lebte, zum Verhängnis. Die spätere Verwendung von früher eingefrorenem Sperma für eine künstliche Befruchtung ohne die ausdrückliche Zustimmung des “unfreiwilligen” Vaters und die daraus resultierenden Unterhaltslasten des biologischen Vaters sind nach einer (noch nicht rechtskräftigen) Entscheidung des LG Dortmunds (Urteil vom 19.04.2012) ein Schaden, von dem die Ärzte den Vater freistellen müssen.
Zum Sachverhalt:

Bereits 2003 hatte die Frau Kinderwunsch. Damals führte sie ein Erstgespräch in der Kinderwunschpraxis, bei dem ein Mann dabei war; streitig blieb, ob es sich dabei um den Kläger oder einen anderen Mann handelte. Die Identität des Mannes wurde von den Behandlern damals nicht überprüft. Anfang 2004 kam dann tatsächlich der Kläger in die Praxis und gab eine Spermaprobe zur Untersuchung ab. Es zeigten sich eingeschränkte Spermawerte. Eine weitere Spermaprobe, häuslich gewonnen, wurde 1 Monat später von der Frau in der Praxis abgegeben; sie stammte unstreitig vom Kläger und wurde kryokonserviert. Mit einem Teil dieses Spermas wurde Ende 2004 eine künstliche Befruchtung –  nicht erfolgreich – durchgeführt. Der Rest des Spermas blieb kryokonserviert. Anschließend wurde im März 2005 ein 2. Versuch unternommen – diesmal erfolgreich. Es kam Ende 2005 zur Geburt des 1. Sohnes des Klägers. Ob der Kläger damals etwas von der künstlichen Befruchtung wusste, blieb im Prozess strittig. Im ursprünglichen Lagerungsvertrag für das Sperma war vereinbart, dass dieser maximal 1 Jahr gilt und dass das Sperma nach Vertragsende zu vernichten ist. Eine Verlängerung der Lagerung war laut Vertrag möglich, musste aber ausdrücklich geregelt werden. Zu einer solchen schriftlich vereinbarten Verlängerung kam es aber nicht; das restliche Sperma wurde “lediglich tatsächlich” weiterhin aufbewahrt.

Das Sperma wurde dann – 2007 – zu einer erneuten künstlichen Befruchtung der Frau benutzt. Diese war wiederum erfolgreich (Zwillinge). Jedoch machte der Mann geltend, dass er nie und nimmer mit einer IVF-Behandlung der Frau im Jahre 2007 einverstanden war; er habe auch nicht mit ihr zusammen gelebt. Mit den Ärzten habe er außer dem einen Mal in 2004 keinerlei Kontakt mehr gehabt. Der Mann bezeichnete das Handeln der Frau als Samenraub. Im Prozess ergab sich, dass die Frau Unterschriften des Klägers auf den Behandlungsunterlagen 2007 gefälscht hatte. Jedoch stand auch fest, dass die Behandler den Angaben der Frau Glauben schenkten.

Das Urtei des LG Dortmund:

Das LG Dortmund warf den Behandlern daher vor, dass sie ohne die ausdrückliche Zustimmung des Klägers in 2007 sein Sperma – selbst wenn von der Frau (einseitig) gewünscht – nicht hätten verwenden dürfen. Ferner wurde bemängelt, dass die Ärzte in 2007 keinen persönlichen Kontakt zum werdenden Vater – vor der Behandlung – hergestellt haben. Dabei hätten sie seine aktuelle Willenslage erfragen und bei Vorsprache einer männlichen Person deren Identität mit dem Samenspender verifizieren können. Darin sah das Gericht eine Verletzung des Lagerungsvertrages durch die Ärzte. Der Kryo-Vertrag diene auch dem Schutz, unbefugten Gebrauch eingefrorenen Spermas auszuschließen. Bei Verwendung des Samens müsse feststehen, dass dies dem Willen des Samenspenders entspreche.

Nicht das Kind aber die Unterhaltslast für ein ungewollt gezeugtes Kind ist ein Schaden für den biologischen Vater, so das LG Dortmund. Es sah eine Parallele zu den Fällen einer gewollten aber missglückten Sterilisierung.

Der Höhe nach beschränkte das LG Dortmund den Schaden allerdings auf den gesetzlichen Mindestunterhalt und zwar zunächst bis zum 18. Lebensjahr der Zwillinge.