Sachverhalt:

Zu entscheiden war die Frage, ob in der PKV (Private Krankenversicherung) ein Leistungsanspruch auf Kostenübernahme einer sogenannten prädiktiven Gendiagnostik besteht. Dabei geht es um die – vorsorgliche – genetische Untersuchung einer äußerlich (noch) gesunden Person, die aber vorbeugend aufklären möchte, ob
bei ihr genetische Fehler vorliegen, die eine Disposition für eine Krankheit darstellen, die später ausbrechen könnte. Meist wird für diesen Aufklärungswunsch ein Anlass bestehen: z.B. früheres Auftreten genetisch bedingter Krankheiten im Verwandtenkreis.

Konkret ging es um die Frage eines erhöhten Krebsrisikos, nachdem im Familienkreis früher häufiger Karzinomerkrankungen aufgetreten waren.

Das Urteil – LG Stuttgart 19.12.12:

Das Landgericht verneinte einen Leistungsanspruch u.a. mit folgenden Erwägungen.

In der PKV sei gemäß § 192 VVG (Versicherungsvertragsgesetz)Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer Krankheit der versicherten Person. Vorliegend sei eine Krankheit noch nicht ausgebrochen. Der Kläger sei (noch) gesund.

Zwar zählen auch ausnahmsweise Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten zum Katalog der Versicherungsleistungen gemäß § 192 VVG, aber nur dann, wenn dies nach gesetzlich eingeführten Programmen geschieht. Solche existieren aber nicht, so das LG Stuttgart.

Eine ungewollte gesetzliche Regelungslücke, die im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu schließen sei, besteht in der heutigen Rechtslage nach Ansicht des LG Stuttgart nicht.

Ausblick:

Folgt man dem Urteil, so ist es nur mit Hilfe einer Gesetzesänderung möglich, die prädiktive Gendiagnostik generell zu einer PKV – Leistung zu machen. Hier wäre der Gesetzgeber und nicht die Gerichte gefragt!

Denkbar wäre auch, dass die Versicherungswirtschaft das Problem aufgreift und regelt. Der einzelne Versicherer könnte im Wege der tariflichen Vereinbarung die Gendiagnostik zur Versicherungsleistung machen, da gemäß § 192 Abs. 1 VVG sonstige Leistungen vereinbart werden können. So zählen beispielsweise Impfungen auch nicht zum Leistungskatalog gemäß § 192 VVG, sind aber in manchen Verträgen als Zusatzleistung vereinbart.

Aus Sicht des Versicherers, der mit den Geldern der Versichertengemeinschaft sorgsam umzugehen hat, sind Kosten / Nutzen – Kalkulationen nicht von der Hand zu weisen. Die Kosten einer Vorsorge oder von Früherkennungsmaßnahmen können per Saldo durchaus geringer sein, als “kostenloses Abwarten” und dann Übernahme der Behandlungskosten aus den später eingetretenen Krankheitsfällen.

Die Bundesärtzekammer hat bereits 2003 eine einschlägige Richtlinie  erlassen und in ihr die prädiktive Gendiagnostik zum Bestandteil heutiger ärztlicher Versorgung erklärt.