Haftung für Bahnsteigunfall:

Eine Reisende hatte bei der DB ein Ticket für eine Zugfahrt mit dem ICE erworben. Auf dem Weg zum Zug stürzte sie auf dem Bahnsteig und verletzte sich dabei erheblich. Seit den EU-Vorgaben zur Beseitigung der Bahnmonopole ist in Deutschland der Eisenbahnverkehr dualistisch organisiert: das EVU (Eisenbahnverkehrsunternehmen) sorgt für die Züge und den Fahrverkehr; das EIU(Eisenbahninfrastrukturunternehmen) sorgt für die bauliche Infrastruktur, also z.B. Bahnhöfe, Bahnsteige etc.

Deswegen wollte die DB für den Unfall nicht haften.
Zwar bestehe zwischen DB und der Reisenden ein Beförderungsvertrag. Aber der Bahnsteig sei nicht in ihrem Eigentum sondern gehöre der DB Station & Service AG. Diese machte wiederum geltend, dass ein Vertragsverhältnis zwischen ihr und der verunglückten Reisenden nicht bestand und sie Reinigung und Winterdienst an ein zuverlässiges weiteres Unternehmen delegiert habe und daher “exkulpiert” sei, so der juristische Fachbegriff gemäß § 831 BGB; sie hafte daher auch nicht, da sie das beauftragte Drittunternehmen sorgfältig ausgewählt habe.

Dem schob aber der BGH einen Riegel vor (Urteil vom 17.01.2012). Er stellte fest, dass die Pflichten für die DB als EVU sich nicht auf die Zugfahrt beschränken und nicht an der Zugtüre beginnen / enden. Auch der Weg zum und vom Zug gehört dazu. Das EVU habe eine vertragliche Nebenpflicht, für sicheren Zugang und Abgang zu sorgen. Das war vor der Aufspaltung des Eisenbahnverkehrs in EVU und EIU so und daran habe die organisatorische Aufteilung in EVU und EIU nichts geändert.

So kam der BGH zu dem Ergebnis, dass die DB für ein Verschulden des Bahnsteig-Reinigungsunternehmens genauso haftet wie für eigenes Verschulden. Die organisatorische Aufspaltung darf laut BGH nicht zu Haftungsverschlechterungen für den Bahnreisenden führen. Der muss schließlich über den Bahnsteig zum Zug gelangen; ein anderer Weg existiert nicht. Und die DB als EVU verlangt z.B., dass der Reisende das Ticket bis zum Verlassen des Bahnhofs aufbewahren muss oder den Bahnsteig nur mit einem gültigen Zugticket betreten darf