Wahlarztleistungen persönlich:

Viele Privatversicherte haben für die stationäre Behandlung einen Versicherungsschutz, der die Chefarztbehandlung einschließt. In diesem Falle schließen sie mit dem Krankenhaus einen Krankenhausaufnahmevertrag ab und mit dem liquidationsberechtigten Chefarzt einen Arztzusatzvertrag. Ersterer verpflichtet den stationären Patienten, die Vergütung für die stationäre Unterbringung an das Krankenhaus zu bezahlen. Letzterer betrifft die wahlärztlichen Leistungen; diese muss der Patient zusätzlich dem Chefarzt vergüten – dafür muss die ärztliche Behandlung aber auch vom Chefarzt erbracht werden, jedenfalls im Wesentlichen. Problematisch und streitig kann sein, wie weit die Delegationsmöglichkeiten des Chefarztes gehen.

Das OLG Oldenburg hatte zu entscheiden, ob bei einer mehrmonatigen stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik allein die Supervision der Behandlung durch den Chefarzt bereits das Merkmal der persönlichen Leistungserbringung erfüllt. Die private Krankenversicherung (PKV), die vom Patienten = Versicherungsnehmer auf Erstattung der Wahlarztkosten in Anspruch genommen wurde, bestritt dies. Das OLG gab der PKV Recht (Urteil vom 14.12.2011) mit der Folge, dass die PKV ca. 12.000 € für Wahlarztleistungen nicht erstatten musste.

Das OLG folgte dabei u.a. folgenden Erwägungen:

Allein schon der Krankenhausaufnahmevertrag begründet eine ärztliche Behandlungspflicht, diese im “normalen” Umfang. Wenn mittels Wahlarztvertrag zusätzliche Leistungen vom Patienten “dazu gekauft” werden, so das OLG Oldenburg, dann erfordert dies auch, dass der Chefarzt der gesamten Behandlung dann sein persönliches Gepräge gibt; das verlangt, dass er sich persönlich mit dem Patienten und dessen Behandlung am Anfang, während und zum Ende der Behandlung befasst. Hauptleistungen der Behandlung müsse er darüber hinaus stets persönlich erbringen.

Eine Supervision der Behandlung genügt demnach für die Annahme der persönlichen Leistungserbringung nicht. Denn der Oberarzt der Station oder Chefarzt ist ohnehin der verantwortliche Leiter der Behandlung mit Aufsichtspflicht und Weisungsrecht gegenüber den nachgeordneten Klinikärzten. Die Delegation einzelner Behandlungsmaßnahmen, die keine Hauptleistungen sind, ist freilich zulässig und für den Bestand des Chefarztvergütungsanspruchs unschädlich.

Anmerkungen:

1. Das OLG Hamm hatte in einer älteren Entscheidung (1994) die Delegationsmöglichkeiten für den Chefarzt noch erheblich großzügiger gesehen.

2. Für andere Fachgebiete gilt Entsprechendes. So muss z.B. der Anästhesist für die Beanspruchung einer Wahlarztvergütung die Narkose persönlich einleiten und ausleiten; zum Kernbereich der persönlich zu erbringenden ärztlichen Leistungen gehört auch die Voruntersuchung des Patienten und das Führen des Aufklärungsgesprächs. Während der Narkose ist eine Vertretung möglich.

3. Das wirkt sich auch auf den Vergütungsanspruch im Rechtsverhältnis Wahlarzt / Patient aus. Für nicht persönlich erbrachte Wahlarztleistungen schuldet der Patient dem Wahlarzt keine (zusätzliche) Wahlarztvergütung!